im Jahre 1946 |
Waggonlisten von Wolfs (Balf)
und Harkau |
Die
Vertreibung der Deutschen aus Ungarn wird meist als eine Konsequenz der
Potsdamer Beschlüsse dargestellt, mit denen eine Rückführung aller Deutschen
auf das nach dem 2. Weltkrieg verbliebene Kernland angeordnet wurde. Bei den
Ungarndeutschen ist das Ergebnis zwar das gleiche, es gibt jedoch einen
Unterschied, wie es hierzu gekommen ist. Es hatte sich nämlich bereits vor
der entscheidenden Sitzung der AKK (Alliierte Kontroll-Kommission) die von
der Sowjetunion gegängelte neue ungarische Regierung mit der Bitte an die AKK
gewandt, ca. 200.000
Ungarndeutsche möglichst weit weg verschicken zu dürfen. Dieser Antrag war
zunächst abgelehnt worden, weil diese Maßnahme als eine unangemessene
Bestrafung Unschuldiger angesehen wurde. Die AKK forderte Nachbesserungen bezüglich
der Modalitäten und stimmte erst dann zu. Bei der Ausweisung beschränkte sich
die Rolle der AKK darauf, für eine ordnungsgemäße und humane Durchführung zu
sorgen - was jedoch nicht immer gelang. Wer warum ausgewiesen wurde oblag
allein der ungarischen Regierung. Versuche der ungarischen weltlichen und
kirchlichen Elite, die Ausweisungsanordnung abzumildern und in größerem
Umfang Ausnahmen zuzulassen, hatten keinen oder nur sehr begrenzten Erfolg.
Die als überaus fleißig geltenden Deutschen hatten nämlich Werte geschaffen
(Häuser, Grundstücke, Weingärten, Unternehmen), mit denen die ungarische
Regierung jetzt die eigenen, wirtschaftlich nicht ganz so erfolgreichen
Landsleute beglücken konnte. Bei den ungarischen Neusiedlern handelte es sich
zum Teil allerdings auch um Personen, die selbst aus der Slowakei vertrieben
wurden und auf der Suche nach einer neuen Heimat waren. Ich empfehle das Buch von Dr. András
Krisch: "Die Vertreibung der Deutschen aus Ödenburg
1946", das im Jahre 2007 erschienen ist. Egal
nun, ob dafür die AKK verantwortlich war oder nur zustimmte: Auch fast alle
Personen mit deutscher Abstammung, die im "Ödenburger
Zipfel" seit Jahrhunderten lebten, wurden ausgewiesen. Bei dem Ödenburger Zipfel handelt es sich um die Stadt Ödenburg (ungarische Bezeichnung: Sopron), die mit ihren
umliegenden Ortsteilen fingerartig in das österreichische Staatsgebiet hinein ragt und ist der Teil des "Burgenlandes",
der im Jahre 1921 im Rahmen der
territorialen Neuordnung nach dem 1. Weltkrieg in Ungarn verblieben ist.
Ursprünglich sollte das gesamte Burgenland, das damals ungarisch war, wegen
der deutschsprachigen Bevölkerung komplett Österreich zugeschlagen werden.
Dies wurde jedoch durch massive ungarische Gegenmaßnahmen verhindert und es
kam in dem noch nicht von Österreich übernommenen Teil des Burgenlandes zu
einer Volksabstimmung. Die Bevölkerung konnte wählen, ob sie zu Ungarn oder
Österreich gehören wollte. Die Abstimmung fiel mit einer 2/3-Mehrheit
zugunsten Ungarns aus, wobei es ein erhebliches Gefälle zwischen der
Kreisstadt und den umliegenden Ortschaften gibt. Während sich die kleinen und
übersichtlichen Gemeinden überaus deutlich für Österreich aussprachen, holten
sich die Ungarn die entscheidenden Stimmen in der Stadt. Selbst ungarische
Historiker stellen fest, dass diese Abstimmung grob zum Nachteil Österreichs
manipuliert war. Ohne diesen Betrug wäre der Ödenburger
Zipfel sicherlich auch österreichisch geworden und es hätte sich dort das
Problem der Vertreibung nach dem 2. Weltkrieg nicht gestellt. So
aber wurden 1946 aus diesem
Landstrich ungefähr 14.000
Personen deutscher Abstammung ausgewiesen. Der Abtransport erfolgte mit 14
Zügen, die jeweils aus ca. 50 Güter-/Viehwaggons bestanden, unter
dramatischen Zuständen. Es musste nicht nur Haus und Hof mit allem Inventar
zurück gelassen werden - absolut üblich waren auch noch demütigende
Leibesvisitationen, bei denen die mitgeführten Wertgegenstände in den Taschen
der neuen Machthaber verschwanden. Es ist sogar ein Vorfall dokumentiert, bei
dem einem Vertriebenen die neuwertigen Schuhe ausgezogen wurden und er in
Socken auf die lange Reise geschickt wurde. Alle Züge, die von Ödenburg aus starteten, hatten als Ziel den von den USA
kontrollierten Teil Deutschlands - die amerikanische Besatzungszone. Einer
diese Züge verließ Ödenburg am 12. Mai 1946. Der Transport mit der Bezeichnung "H 0804" hatte als ursprüngliches
Ziel Kassel, kam dort am 17. Mai 1946 an und wurde am nächsten
Tag nach Marburg weitergeleitet.
Von hier erfolgte die Verteilung der Vertriebenen im alten Landkreis Marburg.
Bezüglich
der Anzahl der Personen in diesem Zug gibt es drei verschiedene Zahlen: 1. 1323 Personen wurden von den
ungarischen Behörden für diesen Transport bestimmt. Eine unbekannte Anzahl ist jedoch vor dem
Abtransport nach Österreich geflohen. 2. 1299 Personen sollen in Marburg
angekommen sein (s. Aufstellung). 3. 1226 Personen wurden von den
Bürgermeistern der einzelnen Gemeinden als Zuzug dem Landratsamt gemeldet. Eine
Aufstellung befindet sich in diesem Anhang. Die
Angaben zu 2. und 3. sind der Akte "180
Marburg, Nr. A 2337" des Staatsarchivs Marburg entnommen. Diese Akte
enthält im wesentlichen folgende Dokumente: - 23 Waggonlisten aus Harkau. Hierbei handelt es sich um die komplette
Vertreibungsliste für Harkau, so
wie sie mir bereits aus ungarischen Quellen vorliegt. - 10 Waggonlisten aus Wolfs. Auch bei
diesen Listen handelt es sich um Mehraus- fertigungen der
im Stadtarchiv von Sopron befindlichen Unterlagen. Die komplette Liste für Wolfs umfasst jedoch insgesamt 41 einzelne Waggonlisten - zu dem
hier beschriebenen Transport gehörten die Waggon-Nummern
1 - 10. - 15 Waggonlisten aus Ödenburg (Nr. 8 - 22 von insgesamt ca. 400). Hierbei
handelt es sich um handgeschriebene Listen, für die
es im Stadtarchiv Sopron keine Entsprechung gibt. Dr. András Krisch schreibt in seinem
o.a. Buch, es sollte sich um 351
Personen handeln. Laut den Rückmeldungen der
einzelnen aufnehmenden Gemeinden wurden 342
Ödenburger aus diesem Transport im Landkreis
Marburg verteilt. -
Eine Liste, wie viele Vertriebene den einzelnen Gemeinden zugewiesen wurden. -
Rückmeldungen der Gemeinden aus denen hervorgeht, welche Personen dort aufgenommen wurden. Die
kompletten Waggonlisten von Wolfs und Harkau, so
wie sie im Stadtarchiv Sopron jedermann ohne Einschränkungen zur Verfügung
stehen, wurden von mir abgeschrieben, mit externer Hilfe überarbeitet und in
ein recherchefähiges Format gebracht. Bezüglich
der Vertriebenen aus der Kreisstadt Ödenburg verweise
ich auf die CD im Anhang des o.a. Buches von Dr. András Krisch. Dort sind die
Vertriebenen alphabetisch aufgelistet. Mittlerweile kann auf der
Internetseite "www.oedenburgerland.de" (siehe >
"Vertreibung" > "Daten") nach einzelnen Personen
gesucht werden. Eine Zuordnung von Personen zu dem hier beschriebenen
Transport "H 0804" ist jedoch nicht möglich. Diese ist nur durch
eine Einsichtnahme in die Akte "180
Marburg, Nr. 2337" beim Staatsarchiv Marburg zu erreichen - kann
jedoch aufgrund bestehender Schutzfristen noch nicht veröffentlicht
werden. Hinweis: Sollte jemand durch die Veröffentlichung
in den nachfolgenden Namens- listen eine Verletzung
seiner Persönlichkeitsrechte sehen, so werden die entsprechenden Daten ohne
Prüfung einer Rechtspflicht sofort entfernt. Hier
geht es zu den Listen aus - Wolfs und - Harkau. |